Am 2. Oktober veröffentlichten gleich zwei Schwergewichte der Wall Street – JPMorgan und Citi – neue Prognosen für Bitcoin. Beide Banken rechnen innerhalb der nächsten zwölf Monate mit deutlich höheren Kursen.
Während JPMorgan den Fokus auf einen Vergleich zu Gold legt und eine rein rechnerische Aufwertung ableitet, setzt Citi auf ein Szenario-Cluster-Modell, das bullische wie auch bärishe Entwicklungen berücksichtigt.
Das Ergebnis: Beide Banken halten sechsstellige Preise für realistisch – mit Obergrenzen von bis zu $231.000.
JPMorgan: Bitcoin im Vergleich zu Gold unterbewertet
JPMorgan verwendet ein Modell, das Bitcoin direkt mit Gold vergleicht – allerdings nicht auf nominaler Basis, sondern risikoadjustiert.
- Volatilitätsbereinigung: Da Bitcoin im Durchschnitt deutlich volatiler ist als Gold, betrachten die Analysten das Verhältnis von BTC-Volatilität zu Gold-Volatilität. Dieses Verhältnis ist seit Monaten gefallen und liegt nun bei unter 2,0. Das heißt: Bitcoin ist nur noch doppelt so volatil wie Gold – historisch ein sehr niedriger Wert.
- Marktwert-Vergleich: Das private Gold-Investment (ETFs, Barren und Münzen) umfasst etwa $6 Billionen. Der aktuelle Bitcoin-Marktwert liegt bei ca. $2,3 Billionen.
- Rechenweg: Um Bitcoin auf ein vergleichbares „volatility-adjusted Level“ zu bringen, müsste die Marktkapitalisierung um ca. 42 % steigen. Dies entspräche einem Kurs von rund $165.000 pro BTC.
- Implikation: Für JPMorgan ist dieser Vergleich kein „Moonshot“, sondern ein mechanisches Ergebnis: Sobald Investoren Bitcoin als gleichwertige Alternative zu Gold wahrnehmen, fließt Kapital, bis die Bewertungsrelationen angepasst sind.
🚨JPM Says Bitcoin Undervalued vs. Gold, Highlights "Significant Upside" to $165k.
— matthew sigel, recovering CFA (@matthew_sigel) October 2, 2025
"The steep rise in the gold price over the past month has made bitcoin more attractive to investors relative to gold, especially as the bitcoin to gold volatility ratio keeps drifting lower to… pic.twitter.com/7YuIaP2Kzi
Citi: Szenario-Cluster mit klar definierten Cases
Citi geht einen anderen Weg und stellt ein differenziertes 12-Monats-Szenario für Bitcoin (und Ether) auf.
- Base Case (wahrscheinlichstes Szenario): Bitcoin erreicht $181.000 – getragen durch ETF-Zuflüsse, institutionelle Adoption und makroökonomische Normalisierung.
- Bull Case (optimistisches Szenario): Bis zu $231.000 pro BTC. Voraussetzung wären extreme Nachfrageimpulse, z. B. neue staatliche Programme, massive zusätzliche ETF-Mittel oder eine deutliche Schwächung des Dollars.
- Bear Case (negatives Szenario): Ein Rückfall auf $82.000, falls globale Rezession, regulatorische Rückschläge oder systemische Finanzrisiken das Marktvertrauen erschüttern.
- Kurzfristige Jahresendziele: Citi bleibt für 2025 vorsichtiger und rechnet bis Dezember mit ca. $132.000 für BTC und $4.500 für ETH.
Das Modell zeigt die Bandbreite möglicher Entwicklungen und macht klar: Während Citi Bitcoin strukturell bullish sieht, bleibt die Bank bewusst realistisch in der Abwägung von Risiken.
Treiber der Prognosen: Institutionelle Adoption und ETF-Flows
Beide Banken stimmen in den wesentlichen Fundamentalfaktoren überein:
- ETF-Zuflüsse: Institutionelle Gelder über Bitcoin-ETFs sind der wichtigste Wachstumstreiber. Schon 2025 haben diese Produkte Milliarden angezogen und Bitcoin fest in traditionelle Portfolios integriert.
- Sinkende Börsenbestände: Immer mehr BTC wandern in Verwahrung und verschwinden aus dem kurzfristigen Handelskreislauf. Das reduziert das verfügbare Angebot und erhöht bei gleichbleibender Nachfrage den Preisdruck nach oben.
- Abkopplung von Risikomärkten: Bitcoin korreliert weniger stark mit Aktienindizes und wird zunehmend als eigenständige Assetklasse wahrgenommen. Das macht ihn für institutionelle Diversifikation attraktiver.
- Makrofaktoren: Hier gehen die Argumente auseinander. JPMorgan sieht Golds Stärke als Katalysator für Bitcoin, Citi betont hingegen Risiken durch einen stärkeren Dollar.
Marktumfeld: Gold, Dollar und Makro
- JPMorgan: Gold ist in den letzten Wochen stark gestiegen. Dadurch wirkt Bitcoin relativ gesehen attraktiver, vor allem da seine Volatilität abnimmt. Anleger suchen Alternativen, die im Risikovergleich besser abschneiden.
- Citi: Die Bank bleibt vorsichtiger. Ein starker US-Dollar könnte Bitcoin belasten, da Dollarstärke in der Vergangenheit oft mit schwächeren Rohstoff- und Kryptopreisen einherging. Außerdem könnte ein fallender Goldpreis kurzfristig Kapital von Bitcoin abziehen.
- Gemeinsamer Nenner: Beide Banken erwarten langfristig positive Kapitalflüsse in Bitcoin, die strukturell den Trend nach oben tragen.
Methodenvergleich: Warum die Ziele unterschiedlich sind
- JPMorgan (Volatilitätsmodell):
- Sieht Bitcoin als „digitales Gold“ und nutzt eine relativ-mathematische Vergleichsrechnung.
- Vorteil: Klare, nachvollziehbare Kennzahlen (Marktkapitalisierung, Volatilitätsverhältnis).
- Nachteil: Berücksichtigt kaum externe Faktoren wie Regulierung oder makroökonomische Schocks.
- Ergebnis: $165.000 als fairer Wert im Gold-Vergleich.
- Citi (Szenario-Cluster):
- Stellt verschiedene Entwicklungspfade gegenüber und ordnet Wahrscheinlichkeiten zu.
- Vorteil: Realistischer, weil auch Bear-Szenarien mitgedacht werden.
- Nachteil: Weniger „hart“ quantifiziert, stärker von Annahmen abhängig.
- Ergebnis: Bandbreite von $82.000 bis $231.000, mit $181.000 als Base Case.
Kurz gesagt: JPMorgan liefert ein „mechanisches“ Bewertungsziel, Citi dagegen ein „strategisches“ Spektrum.
Fazit: Sechsstellige Kurse werden zum Konsens
Die neuen Prognosen sind ein starkes Signal: Selbst konservative Großbanken sprechen nun von sechsstelligen Bitcoin-Kursen.
- JPMorgan: Bitcoin muss auf $165.000 steigen, um fair zu Gold bewertet zu sein.
- Citi: Sieht $181.000 als wahrscheinlich, mit Potenzial bis $231.000.
Damit etabliert sich Bitcoin immer mehr als institutionelles Asset – und die Erwartung, dass die nächste große Rallye den Markt nachhaltig in die sechsstellige Zone führt, ist keine Außenseitermeinung mehr, sondern Mainstream an der Wall Street.